Camino Portugues

Jakobsweg- Camino Portugues

Unterwegs auf dem Küstenweg

Caminho Portugues da Costa

Als meine Freundin Nicole und ich Ende letzten Jahres feststellten, dass wir den gemeinsamen Wunsch haben, einen Jakobsweg zu gehen, glaubte ich nicht, dass wir tatsächlich zusammen pilgern würden. Ich bin zuvor weder per Rucksack gereist, noch hatte ich lange Wandertouren gemacht. Aber wir setzten unseren Wunsch in die Tat um und buchten mit Erstaunen über die eigene Courage, aber voller Vorfreude unseren Flug.

Von Portugal nach Spanien

Blick auf Porto kurz vor der Dämmerung
Blick auf Porto kurz vor der Dämmerung

Start in Porto

Wir buchten einen Gabelflug und starteten ab Porto, um am Atlantik entlang durch Portugal zu laufen. Der Rückflug ging von Santiago de Compostela in Spanien. Wenn möglich würde ich empfehlen, etwas Zeit in Porto einzuplanen, denn die Küstenstadt hat viele Sehenswürdigkeiten und die Portweinverkostung gehört zum Aufenthalt eigentlich auch dazu. In der schönen Altstadt am Fluss Douro gibt es viele Restaurants und Bars.

Brücke die den Douro in Porto überspannt 70m hoch 615m lang
Brücke die den Douro in Porto überspannt 70m hoch 615m lang
Stadtbesichtigung auch per Tram möglich
Stadtbesichtigung auch per Tram möglich

Wir kamen in der Vorsaison im Mai an einem sonnigen Nachmittag in Porto an. Wir hatten nur diesen einen Nachmittag. Dann hieß es rein in unsere Trekkingschuhe und los pilgern.

 

Erfahrungen während 13 Pilgertagen

Unsere Etappenplanung beinhaltete einen „Shit day“, einen zusätzlichen Tag zum Ausspannen an Pilgertag 5 und einen Genusstag in Santiago zum Ausklang der Pilgerreise.

Etappenziele
Etappenziele

Pilgertag 1: Porto – Lavra

Euphorisch und voller Vorfreude gingen wir direkt vom Hotel aus auf den Jakobsweg. Die Sonne schien bei angenehmen 20 Grad. Die Brücke Stadtauswärts spiegelte sich im Douro. Parallel zum Fluss wandert man aus der Stadt heraus. Die ersten Pilger grüßen mit dem bekannten Gruß „Bom Caminho“, guten Weg. Ein Stück weiter ist die Strandpromenade und von dort das Meer zu sehen.

Hatten wir uns zu viel vorgenommen?

Zwei ältere Paare aus England kamen während einer Pause mit uns ins Gespräch und staunten respektvoll über unsere großen, schweren Rucksäcke und unsere Route. Von Stunde zu Stunde realisierten wir unser Vorhaben. Das Gewicht des Rucksack drückte uns mehr und mehr in den Boden.

Am Atlantik auf der ewig langen Strandpromenade
Am Atlantik auf der ewig langen Strandpromenade
Forte de São Francisco Xavier aus dem 17. Jahrhundert
Forte de São Francisco Xavier aus dem 17. Jahrhundert

Nach 7 Stunden inkl. Pausen und 22 km kamen wir an unserem ersten Pilgertag im Appartement an. Alles tat weh, aber wir waren stolz auf uns! Nur zwei Dinge waren mir noch wichtig: die Füße in das kühlende Meer tauchen und Abendessen.

Pilgertag 2: Lavra – Povoa de Varzim

Entlang der wunderschönen, rauen Atlantikküste führt der Weg auf Holzstegen Richtung Norden. Wir gingen zügig, stoppten an schönen Aussichtspunkten, trafen nette Pilger, machten Rast an Dünen.

Fischer bei der Arbeit an ihren Netzen
Fischer bei der Arbeit an ihren Netzen

Nach 12 km Fußmarsch schmerzten Füße und Muskeln penetrant. Trotzdem gingen wir weiter.

Igreja Matriz de Vila do Conde
Igreja Matriz de Vila do Conde

Wir bekamen einen Stempel in einer Kirche in Vila do Conde.

Platz in Vila do Conde
Platz in Vila do Conde

Die Sonne schien erbarmungslos und hinterließ Spuren im Gesicht und an den Armen. Der Jakobsweg verläuft parallel zum Meer. Gern hätten wir den Strand genossen, wie die vielen fröhlichen Urlauber, aber jeder Schritt wurde nun zur Qual.

Farol da Leça Leuchturm nördlich von Porto
Farol da Leça Leuchturm nördlich von Porto

Zu diesem Zeitpunkt möchtest Du nur den Rucksack loswerden und gehst wie in Trance bis zur Unterkunft weiter. Mein Problem wurde mir endlich bewusst: die Schuhe waren zu klein. Ich hatte zig schmerzhafte Blasen an den Füßen.

Pilgernd auf langen hölzernen Wegen an der Atlantikküste entlang
Pilgernd auf langen hölzernen Wegen an der Atlantikküste entlang

Pilgertag 3: Povoa de Varzim – Esposende

Wir kauften am nächsten Morgen jede Menge Pflaster in der Apotheke, bevor wir am Meer entlang weiter pilgerten. Portugal zeigte uns sein raues Gesicht. Es war bewölkt und windig und als wir gegen Mittag eine Kaffeepause machten, fing es richtig heftig an zu regnen.

Sandweg
Sandweg

Zum ersten Mal legten wir Regenschutz über uns und die Rucksäcke. Weiter pilgern, es hilft nichts. Der Weg führt nun vom Meer weg.

Augen auf wer hier den Weg kreuzt
Augen auf wer hier den Weg kreuzt

Auf Wald- und Feldwegen geht es weiter, vorbei an Gewächshäusern. Die Füße schmerzten trotz Pflaster extrem. Bei Regen wie in unserem Fall, gibt es keine Sitzmöglichkeiten.

Wegweiser am Baum
Wegweiser am Baum

Pilgermenü für Nachtschwärmer

Für die Nacht hatten wir uns im Hostel eingebucht. Im Restaurant nebenan wurde ein Pilgermenü angeboten. Es öffnete erst um 20 Uhr. Hungrig und müde wie wir waren, kauften im Supermarkt Nudeln und kochten im Hostel selber. Dort saß bereits eine fröhlich international gemischte Seniorenrunde. Weinselig teilten sie mit uns ihren Salat.

Pilgertag 4: Esposende – Viana do Castelo

Regen, Regen, Regen….. Blasen an den Füßen. Der Camino ist nichts für weichgespülte. Rein in den Regenponcho, Füße in die Stiefel quetschen.

Rucksackgewicht einsparen, aber richtig

Ich ärgerte mich, dass ich meine Trekkingsandalen zuhause ließ, weil ich Gewicht sparen wollte. Stattdessen hätte ich lieber Tops und Shirts weniger eingepackt, auf anderes verzichtet.

Pilgern im Regen
Pilgern im Regen

Nach 10 km auf fiesem Kopfsteinpflaster, trafen wir auf 3 Pilgerinnen. Wir gingen gemeinsam einige Kilometer. Trotz Gruppendynamik sank die Motivation in unserer kleinen Gruppe. Der Regen wurde stärker. Bei strömendem Regen, vom nicht atmungsaktiven Regenponcho im eigenen Saft schmorend, Kilometer herunter spulen? Die Regenjacke meiner Freundin war zudem undicht.

Bus und Taxi erlaubt?

Wir stellten uns an die nächste Bushaltestelle, in der Hoffnung, nach Viana do Castelo zu kommen. Leider fuhr dothin kein Bus von dieser Haltestelle. Unser nächster Plan: ein Taxi holen. Im nahegelegenen Imbiss bemühte sich,  eine junge portugiesische Kellnerin, allen Sprachproblemen zum Trotz, um ein Taxi für uns. Online Übersetzung sei Dank. Nach langem hin und her bekamen wir Unterstützung von einer Kundin. Sie orderte das erlösende Großraumtaxi für uns. Sie ging selber schon den Jakobsweg und konnte unsere Situation gut nachempfinden.

Lustig bunt geschmückte Stadt Viana do Castelo
Lustig bunt geschmückte Stadt Viana do Castelo

Hostel ist gleich Hostel

„Was für eine Absteige“ entfuhr es Nicole, als wir das Hostelzimmer betraten. Lieblos, altmodisch und spartanisch, wie in die 80er Jahre Klassenfahrt zurückversetzt. Kein Grund, sich länger als nötig aufzuhalten. Durch die Taxifahrt Zeit und Kraft gespart, gingen wir in die hübsche Altstadt von Viana do Castelo. Shoppen.

Nach einem Toast und Tee ging es uns deutlich besser. Nicole fand ein paar bequeme Turnschuhe und eine neue Regenjacke und ich… hurra, Trekkingsandalen! Ich konnte die nächsten Tage gar nicht mehr aufhören, zu schwärmen, wie dankbar ich bin, sie gefunden zu haben. Nie wieder würde ich den Camino ohne Trekkingsandalen laufen. Man gewinnt zwar keinen Schönheitswettbewerb, aber die Zehen erholen sich. Das ist die Hauptsache!

Pilgertag 5: Viana do Castelo – Amorosa

Viana do Castelo ist eine sehr hübsche Stadt, weshalb wir hier eine Auszeit eingeplant hatten. Es gint eine Altstadt und auf einer Anhöhe das Monument Santa Luzia.

Portugiesen sind sehr hilfsbereit. So erklärte uns einer den Weg zur Bahn, die auf den Berg mit der wunderschönen Aussicht über die Stadt und das Meer führt. Wir sahen die Brücke, über die wir am Tag zuvor mit dem Taxi rüber kamen und die wir nach dem Mittagessen zu Fuß zurück laufen würden.

Nur Alberguen sind am Camino

In unserer Planung hatten wir erst nach Buchung den Ortsnamen der nächsten Unterkunft gelesen und auf der Karte gesehen. Der Ort gehört zwar zu Viana do Castelo, heißt aber Amorosa. Somit mussten wir 8 km dorthin zurückgehen. Lohneswert war diese Extratour trotzdem, das Hotel am Meer war erholsam. Wir verbrachten den sonnigen Nachmittag am Strand und kühlten die Füße im Meer. Ein leckeres Abendessen bei einem tollen Sonnenuntergang rundete diesen 5. Pilgertag ab.

Meditationsspiel am Strand von Castelo de Neiva
Meditationsspiel am Strand von Castelo de Neiva
Die Sonne gleitet in den Atlantik
Die Sonne gleitet in den Atlantik

Pilgertag 6: Amorosa- Viana do Castelo – Caminha

Wir fuhren mit dem Taxi an diesem Morgen bis zur Bahnstation des Monument. Den Vortag waren wir bereits diese Strecke in die andere Richtung gelaufen. Deshalb fanden wir diesen Startpunkt fair. Andernfalls hätten wir 32 Kilometer am Tag laufen müssen. Aber die noch zu bewältigenden 24,06 km hatten es trotzdem in sich.

Pilgern durch nach Eukalyptus duftende Waldpfade
Pilgern durch nach Eukalyptus duftende Waldpfade

Zunächst gingen wir an diesem sonnigen Tag durch abwechslungsreiche Landschaft. Weinanbaugebiete, einige Höhenmeter über Bergpfade, Eukalyptus Wälder, schicke Wohngegenden und Strandpromenade wechselten sich ab. In einer Kirche gab uns ein Pfarrer einen Stempel und „high five“. Mittags aßen wir unser erstes Pilgermenü: Suppe, Reis mit Fisch, Salat und ein Getränk unter 10 €.

Kirche in Vila Praia de Âncora
Kirche in Vila Praia de Âncora

Von der Ortschaft Vila Praia de Âncora kamen wir wieder auf die Strandpromenade und dann auf eine Pflasterstraße entlang der Küste.

Auf Notfälle vorbereitet?

Wir waren 20 km gelaufen. Nicole bekam Kreislaufprobleme. Weit und breit war keine Straße zu sehen. Nur links das Meer, rechts Wiese, dahinter dichter Busch. Ich fragte einen Jogger und eine Dame, wie weit es bis zur nächsten Bushaltestelle oder Taxistand wäre. Weiter, immer weiter, war die Antwort. Nicoles Zustand wurde immer kritischer. Die Beine sackten ihr fast weg. Wir brauchten Hilfe, also sprach ich ein Ehepaar an. Die Entlastung ihres Rucksacks, den nun der Mann trug, brachte ihr nur kurz Erleichterung. Also rannte er die letzten Kilometer zu seinem Auto vor. Das Ehepaar fuhr uns schließlich ins Krankenhaus von Caminha. Sie standen uns bei, übersetzten dort während der Behandlung in Englisch für uns. Wie dankbar wir den beiden hilfsbereiten, lieben Portugiesen waren, kann man kaum in Worte fassen.

Auch im Krankenhaus waren alle so liebenswürdig.  Eine Schwester versorgte uns mit selbst gemachtem Schokokuchen. Das hab ich noch nie erlebt. Dankbar nahmen wir diesen an. Wir hatten noch nichts zum Abend gegessen. Was für einfühlsame Menschen!

Nach einer Infusion ging es Nicole zum Glück besser. Aber die Ärztin ermahnte sie, es langsam angehen zu lassen.

Pilgertag 7: Caminha – Valença

Und so fuhren wir am nächsten Morgen per Zug nach Valença. Unsere Rucksäcke stellten wir in der kleinen Bed & Breakfast Pension ab. Wir besichtigten ganz in Ruhe die schöne, von einer Stadtmauer umgebene Altstadt.

Festungsmauer in Valença
Festungsmauer in Valença

Valença ist eine Grenzstadt und man sieht die Brücke und rüber zur Stadt Tui in Spanien. Unser Ziel für den nächsten Tag.

Brücke zwischen Portgal und Spanien
Brücke zwischen Portgal und Spanien

Nur mit Rucksack ist man echter Pilger?

Beim Schlendern durch die Gassen entdeckte Nicole einen Tagesrucksack, mit dem sie die nächsten Tage pilgern wollte. Auf Rat der Ärztin schickte sie den großen schweren Rucksack nun täglich per Kurier voraus in die Unterkünfte.

Altstadt von Valença
Altstadt von Valença

Das Wetter war an diesem Tag sonnig und warm. In unserer B&B Pension gab es einen kleinen Garten mit zwei Liegestühlen, auf denen wir uns etwas erholen konnten. Wir wollten schließlich gemeinsam weiter gehen.

Pilgertag 8: Valença – O Porrino

„Adeus“ – auf Wiedersehen Portugal. Wir pilgerten über die Brücke, blickten noch einmal wehmütig nach Portugal zurück und betraten spanischen Boden.

Ab hier wurde der Jakobsweg voll. Viele geführte Pilgergruppen und jede Menge einzelne Pilger. Zeitweilig war die Ruhe vorbei. Deshalb überholten wir immer wieder und versuchen Abstand zwischen uns und die anderen Pilger zu bekommen. Wir hörten französisch, spanisch, portugiesisch, holländisch, deutsch…

Körper und Geist

Die ersten Tage war ich so mit mir und den Schmerzen beschäftigt, das Gewicht auf dem Rücken, dem Muskelkater, den brennenden Füßen. Auch wenn die Schmerzen nicht viel weniger werden, irgendwann lässt man sich körperlich und mental auf das pilgern ein. Einen Fuß vor den anderen, die Waldluft tief einatmend, das salzige Meer schmecken, den Eukalyptus riechen. Mit allen Sinnen pilgern. Nur den Rucksack und wenigen Dinge, die gerade wichtig sind, bei sich zu haben. Das gleichmäßige klackern der Trekkingstöcke, das Vogelgezwitscher, die Meereswogen, hier ein Hund der bellt oder ein Hahn der kräht … einfach nur gehen.

Blick auf Tui
Blick auf Tui

Die Höhenmeter nahmen zu. In einem Dorf wechselte eine Bäuerin mit ihren Ziegen die Straßenseite. Eine davon an der Leine. Ein drolliges Bild. Als ich die Dame auf Spanisch nach dem Weg fragte, erklärte sie im schönsten galizischen Dialekt, dass wir zu weit weg vom Jakobsweg sind, sie schimpfte über das Wetter und ihr störrischen Vieh an der Leine … eine drollige Dame. Wir sind also einen Umweg gegangen.

Pilgertag 9: O Porrino – Redondela

Unsere Pension in O Porrino lag etwas abseits des Jakobsweg. Daher bestand der Inhaber darauf, uns mit dem Auto die ca. 7 km nach Veigadaña zu fahren. Die Landschaft ist abwechslungsreich. Nach 13 Kilometern kamen wir in dem gebuchten Hostel in Redondela an.

Kathedrale Santa María
Kathedrale Santa María

Wir waren die einzigen Gäste. Aufgrund eines Stadtfestes würde es ggf. in dieser Mittwochnacht etwas lauter werden, weil die Disco im Keller des Hauses öffnen würde, erzählte uns Jose´ der Hostel Inhaber. Leider hat er das erst nach Eingang unserer Buchung erfahren. Er sah keine Chancen auf alternative Unterkünfte wegen der Fiesta für uns. So drastisch würde es schon nicht werden, dachten wir und freuten uns, als Jose´ Zeit hatte, um uns mit dem Auto die besten Ziele der Stadt zu zeigen.

Blick zur Puente de Rande
Blick zur Puente de Rande

Kurz vorher checkte er noch zwei deutsche Pilgerinnen, Sandra und Lizzy, ein. Gemeinsam lauschten wir den Erzählungen über die Stadtgeschichte. Jose´ wollte unbedingt neue Wörter in Deutsch lernen.

Castelo de Soutomaior Pontevedra Spanien
Castelo de Soutomaior Pontevedra Spanien

In einem wilden, aber höchst amüsanten Mix aus Spanisch, Englisch und Deutsch lernten wir uns alle und die schöne Stadt kennen und ließen den Abend bei gutem Essen und Wein im Restaurant ausklingen.

Ausblick vom Castelo de Soutomaior
Ausblick vom Castelo de Soutomaior

 

 

Blumenschmuck für den Feiertag in Redondela
Blumenschmuck für den Feiertag in Redondela

Pilgertag 10: Redondela – Poio

„Wieso machen die jetzt so laut Musik?“ Völlig Schlaftrunken und entsetzt fragte ich Nicole um 4:30 Uhr, woher das Gedröhn kam. Als sie mir erklärte, dass die Disco im Keller des Hostels bereits seit Mitternacht diesen Lärm verursachte, konnte ich es kaum fassen, das ich bis dahin so tief geschlafen hatte…. im Gegensatz zu Nicole, die kaum ein Auge zu bekommen hatte. Die Bässe dröhnten und vibrierten weiter bis 5:30 Uhr. Da halfen keine Ohrstöpsel.
Reumütig kam Jose´ morgens mit frischen Baguettes für unser Frühstück um die Ecke, die wir uns mit Caro Kaffee müde runter drückten. Als Zeichen der Wiedergutmachung bestand er darauf, uns mit dem Auto bis nach Arcade an den Jakobsweg zu fahren. Wir verabschiedeten uns von Sandra und Lizzy und kaum pilgerten wir los, da regnete es wieder.

Pilgerpause rustikal
Pilgerpause rustikal

Eigene Grenzen überwinden

In einem urigen „Biergarten“ bestellten wir uns ein Heißgetränk, um wenigstens von innen gewärmt unseren Weg weiter auf glitschigen Steinpfaden fortzusetzen. Man könnte meinen, wir waren im Regenwald.

Die wenig erholsame Nacht und die Anstrengung, die dem Körper zusetzte, ließ mich an meine Grenze kommen. Mir wurde schwindelig, mein Kopf hämmerte. Ich hatte Hunger und wollte das Gewicht des Gepäcks loswerden.

Der Weg ist manchmal steinig und nass
Der Weg ist manchmal steinig und nass

Zu allem Übel verliefen wir uns bei der Suche nach unserem Hotel in Poio. Es lag abseits des Ortes auf einer Anhöhe. Dort gab es kein Restaurant oder Supermarkt in der Nähe, aber einen Pool, welch Ironie. Ich holte mir einen Schokoriegel von einer Tankstelle, knabberte Nüsse und Obst. Nicole bestellte sich Nudeln über einen Bring Dienst der irgendwann kam, als ich schon fast schlief.

Sanktuarium der Virxe Peregrina
Sanktuarium der Virxe Peregrina

Pilgertag 11: Poio – Caldas de Reis

Irgendwie fehlte mir was… Das Gehen war so einfach. An diesem Tag hatte ich auch den Gepäckservice in Anspruch genommen. Abwechselnd trugen Nicole und ich den leichten Tagesrucksack. Bei sonnigen 20 Grad führte diese Etappe hauptsächlich durch Wald, am Bach entlang, kaum Höhenmeter, auf softem Waldboden.

Über diese Brücke musst Du gehn
Über diese Brücke musst Du gehn

In einem Pilger Café trafen wir Sandra und Lizzy wieder und gingen zu viert weiter.

In diesem Abschnitt sind viele Radpilger unterwegs. Ständig sprangen wir zur Seite und hörten „bon camino“…

Auch einige bekannte Pilger der letzten Tage trafen wir wieder. Erneut verabschiedeten wir uns von unseren beiden „Pilgerschwestern“ der Herzen. Die beiden gingen noch etwas weiter. Aber wir waren sicher, dass wir uns in Santiago wieder sehen würden.

Pilgertag 12: Caldas de Reis – Padron

Die Sonne schien. Morgentau hing in den Gräsern. Die Luft stieg aus den Feldern wie Rauchschwaden empor. Unser Pilgertag startete schon um 8:45 Uhr.

Trotzdem schien die ganze Pilgergemeinschaft bereits auf den Beinen zu sein. Zwei Radpilger baten uns um ein gemeinsames Foto. Jeder hat Respekt vor der Leistung des Anderen, die Stimmung auf dem Weg fröhlich, alle fieberten Santiago entgegen.

Freundliche Radpilger
Freundliche Radpilger

Wir trafen beim Mittagessen auf einen jungen Mann, der so gut drauf war, dass er noch am selben Tag weiter bis Santiago laufen wollte. Ob er die geschätzten 35 km an diesem Tag geschafft hat, haben wir nicht erfahren. Wir jedenfalls haben die Mittagspause und das Gespräch mit dem netten Galizier Antonio, genossen. Er lebt seit Jahren in Deutschland und besuchte Familie und Freunde, denen er in diesem Bistro half.

Der Weg ist das Ziel

Seine Meinung, die auch ich vertrete ist: nicht das Ziel ist wichtig, sondern der lange Weg, auf dem der Pilger Erfahrungen sammelt und eine Reise zu sich selbst unternimmt. Die Begegnungen mit außergewöhnlichen Menschen. Mit allen Sinnen seine Umwelt genussvoll wahrnehmen…

Und so stimmt Antonio mit einer Pilgerin ein irisches Volkslied an, während wir lächelnd unseren Weg fortsetzen.

Traditionelles Hórreo
Traditionelles Hórreo

Beim Abendessen in Padron hatten wir die nächste nette Begegnung: die Pilgerin aus dem Hostel in Esposende und Viana do Castelo. Irgendwann trifft man alle wieder, wenn man will.

Schöne Allee in Padron
Schöne Allee in Padron

Pilgertag 13: Padron – Santiago de Compostela

Santiago, zum Greifen nah und doch so fern!
Dieser letzte Pilgertag verlangt noch einmal alles von einem. Es war kühl, anfangs trocken, doch rasch wurde es immer drückender. Unter Weinreben hindurch, auf Feldwegen, durch kleine Dörfer, an Autobahn und Schnellstraße vorbei, pilgerten wir diese letzte Etappe.

Trotz zunehmender Höhenmeter gingen wir zügig in Vorfreude auf Santiago. Kurz nach einem Mittagssnack in einem kleinen Café fing es an zu tröpfeln. Als wir nachmittags die Stadt in der Ferne sahen, wurde der Regen stärker.

Wir ließen die ersten Wohnblöcke der Vorstadt hinter uns und obwohl es Nicole an diesem letzten Pilgertag wieder nicht gut ging, kämpften wir uns Schritt für Schritt gemeinsam weiter.

Dann sahen wir die Altstadt vor uns. Spanische Touristen feuerten uns Pilger an:

„Es ist nicht mehr weit, ihr habt es gleich geschafft. Nur noch ein paar Schritte. …“

Erlösung

Da… endlich sahen wir sie …. die Kathedrale von Santiago de Compostela!
Erschöpft, aber überglücklich traten wir auf den imposanten Vorplatz und fielen uns in die Arme.

Platz des Obradoiro in Santiago de Compostela
Platz des Obradoiro in Santiago de Compostela

Wir hatten ein Hotel ein paar Straßen hinter der Altstadt gebucht. Vom Gepäck befreit verabredeten wir uns mit Lizzy und Sandra. Sie waren bereits mittags angekommen. Nach einer kurzen Besichtigung der Kathedrale holten wir uns unsere Pilgerurkunden ab. Nun hatten wir es schwarz auf weiß und ich realisierte, … wir haben es geschafft!

Sich selbst feiern

Warum nicht die eigene Leistung feiern? Im Pilgerbüro hatten wir zwei Österreicher, Peter und Andreas, wieder getroffen, mit denen wir im selben Hotel in Padron waren. Zu sechst aßen wir in einem netten Restaurant bei gutem Wein, tauschten die Erlebnisse der vergangenen Tage aus und feierten uns.

Nach diesem feucht fröhlichen Ausklang des Abends verabschiedeten wir uns nun definitiv von Lizzy und Sandra, die für ihren Rückflug nach Porto zurück mussten.

City Tour: Santiago de Compostela

Der Himmel weinte. Nicole blieb im Bett. Eine anstrengende, ereignisreiche Reise neigte sich dem Ende zu. Das ging nicht spurlos an uns vorbei.
Alleine schlenderte ich durch die Altstadt und besichtigte die Kathedrale nochmals ausgiebig. Ich nahm auf einer Kirchenbank Platz und ließ die Atmosphäre auf mich wirken. Ein schöner Ort, um inne zu halten.

Raxoi Palast, Sitz des Rathauses
Raxoi Palast, Sitz des Rathauses

Nach einem netten Abend beim „Italiener“ mit den beiden Österreichern, Wiedersehensfreude und Austausch von Glückwünschen mit Pilgern der vergangenen Tage, die nun alle in Santiago eintrudelten, ging diese Pilgerreise für uns nun zu Ende.

Aber wer weiß, … es gibt noch so viele andere Jakobswege … !

Infos zum Pilgern

Unsere Vorbereitung und wissenswertes über den Camino habe ich für Dich hier zusammengefasst.

Meine Packliste für den Jakobsweg findest Du in diesem Blogpost.